(Anzeige) Die Fragestellung allein dürfte bei Philatelisten weitreichendes Naserümpfen ernten. Allgemein wird doch propagiert, dass es sich bei Briefmarken um reine Sammlerobjekte handelt, dass der Begriff des „Investierens“ bereits eine verpönte Gewinnerzielungsabsicht beinhalte, die mit den hehren Zielen der Philatelie nicht zu vereinbaren ist.

Doch sollte man nicht vergessen, dass Investieren nicht zwangsläufig Geldvermehrung zum Ziel haben muss; es kann auch der Erhaltung von Vermögen dienen. Wenden wir uns aber zunächst tatsächlich der Geldvermehrung zu.


Investition oder Werterhalt?

In Zeiten, in denen die Zinssätze weltweit künstlich niedrig gehalten werden, um eine Ausweitung der Staatsverschuldung zu ermöglichen und ganze Länder vor dem finanziellen Kollaps zu bewahren, ist ein Anlegen in Form von Sparkonten oder Festgeldern ein wenig lukratives Unterfangen geworden. Das Damokles-Schwert des Negativzinses schwebt über Spargeldern und Kontoguthaben. Die traditionellen Formen der Investition erscheinen damit nicht mehr sonderlich attraktiv.

Auch auf den Aktienmärkten ist davon auszugehen, dass das bisherige Wachstum zu einem Stillstand kommen wird, sich gar in Zukunft eine Umkehr der Notierungen ergeben könnte. Wenn man sich die wichtigsten Titel im DAX genauer anschaut, so fällt es schwer, zu einer positiven Prognose für diese Anlage-Klasse zu finden. Ob Finanztitel, Automobilindustrie, Versorger oder Chemiebranche – sie alle leiden unter unsicheren politischen Vorgaben oder hausgemachten Problemen.

Neben dem Bargeld und den Aktien verbleiben noch die Edelmetalle als klassisches Investitionsobjekt. Hier ist freilich zu bedenken, dass das Zustandekommen der Notierungen noch intransparenter ist als bei den anderen Anlageklassen. Weiterhin übersetzt sich ein Anspruch aus einem Investitionspapier nicht unbedingt auch auf einen solchen in hartem Metall.

Ähnliche Unsicherheiten gelten für das allseits beliebte „Betongold“. Zum einen kann gerade in den Ballungsgebieten eine Blasenbildung, auch verursacht durch Fluchtgelder aus der Südschiene des Euroraumes, nicht ausgeschlossen werden. Unabhängig davon lauern für Immobilieneigentümer noch nicht zu kalkulierende Risiken in Form kommender Reformen der Grundsteuer, basierend auf der kürzlich gefällten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit der bisher geltenden Einheitsbewertung.

Die klassischen Wege, die der Investor traditionell beschritten hatte, um sein Geld einer stetigen Vermehrung zuzuführen, stoßen heute an ihre Grenzen.


Briefmarkensammeln als wertvolles Hobby?

In der Philatelie Vermögenszuwächse zu erzielen, ist jedoch auch nicht viel einfacher. Zum einen ist unser schönes Hobby zumindest in Deutschland, wenn nicht weltweit, von einer schwindenden Sammlerschaft und damit auch Nachfrage gezeichnet. Standardmaterial der gängigen Gebiete sinkt beständig im Preis. Auch besseres Material wird vom Markt nicht mehr begierig aufgesogen. Selbst bei Gebieten wie China wachsen die Bäume nicht mehr in den Himmel. Und das Spitzenmaterial ist für die meisten Normalverdiener unter den Sammlern finanziell nicht zu erreichen. Wobei auch hier gilt, dass eine zukünftige Wertsteigerung nicht zwingend ist. Verbleibt noch der Flohmarkt- oder Dachbodenfund mit 10.000-prozentiger Rendite. Aber wie realistisch ist das schon? Die Methode, aus Geld noch mehr Geld zu machen, stößt mithin an ihre Grenzen.

Und gerade in Zeiten wie diesen kommt dem Begriff der „Investition“ vermehrt die Bedeutung der Vermögenssicherung zu. Die klassische Empfehlung zur Drittelung seines Vermögens in Bargeld, Wertpapiere und Edelmetalle bleibt von den zuvor aufgeführten Risiken begleitet. Wenn man bereits Sammler ist, erscheint daher der Rat, einen Teil seines Vermögens in Briefmarken anzulegen, gar nicht einmal so realitätsfremd. Wie kann dies aber in der Praxis umgesetzt werden?

Die Methode, einfach nur die leeren Felder im Vordruckalbum mit einer Hauptnummer zu füllen, dürfte da wenig hilfreich sein. Solche Sammlungen erzielen keine übertriebenen Preise und dürften in Zukunft auf Grund des Überangebotes weiter an Wert einbüßen. Vielmehr ist ein breiter – und tiefer – Blick in das individuelle Sammelgebiet erforderlich – die Mehrung von Wissen durch die Lektüre von Fachliteratur ist hier unbedingt empfehlenswert.

Um es deutlich zu formulieren: Werden Sie zum Spezialisten auf Ihrem Gebiet, und machen Sie Ihre Sammlung zu etwas Besonderem.

Bewahren Sie sich dabei Neugier und Offenheit ob der Dinge, die Sie entdecken werden. Tauchen Sie in eine Welt der Randstücke mit besonderen Zudrucken, der Belege mit interessanten Verwendungsformen, der Freimarken-Besonderheiten und der besonderen Stempel. Machen Sie aus Ihrer Sammlung ein Objekt, welches die Postgeschichte Ihres Sammelgebietes dokumentiert. Für solche Besonderheiten muss häufig nicht das große Geld ausgegeben werden. Stöbern Sie im Internet, auf Märkten und Messen, gehen Sie auf die Jagd nach dem, was Ihre Sammlung besonders macht, ihr Charakter verleiht. Wer es anspruchsvoller mag, möge billige Werte seines Gebietes als Bündelware kaufen und Stempeldokumentationen erstellen. Eine solche Sammlung wird auch in Krisenzeiten ein Objekt mit Wert sein und nicht im Strudel der Standardsammlungen ertrinken.

Als besonderes Schmankerl ist der Weg dahin mit unendlich viel Freude verbunden. Wer kann das schon von seinem Festgeldkonto behaupten?


Der Autor

Benedikt Reichl erinnert sich noch lebhaft an die spannenden Familienausflüge als er fünf Jahre alt war. Beim Bielefelder Briefmarken-Outlet hat man Briefmarken damals nach Gewicht gekauft. Die Briefmarken kamen in eine große Tasche und wurden erst zu Hause genauer untersucht. Diese Tradition entfachte in Benedikt die eigene Sammelleidenschaft und er begann, sich auf das Sammeln europäischer Briefmarken zu konzentrieren. Mit dem Verkauf von Sammlungen finanzierte Benedikt Reichl sein Jurastudium. Bereits während seines Studiums hatte er sich schon zu einem Experten im Onlinehandel entwickelt und im Laufe der Jahre konnte er ein umfassendes Wissen über Briefmarken aus der ganzen Welt aufbauen. Heute hat Benedikt Reichl sein Hobby zum Beruf gemacht und arbeitet als Experte für Catawiki.