Bei vielen stark fälschungsgefährdeten Marken findet man in den MICHEL-Katalogen den Hinweis, dass die Preisangaben nur für geprüfte Stücke gelten. Die Prüfung der Echtheit und Unverfälschtheit sowie des Erhaltungszustandes eines philatelistischen Objektes erfolgt durch philatelistische Experten, die entweder frei prüfen oder in nationalen und internationalen Prüforganisationen zusammengeschlossen sind. Die größte deutsche Prüfervereinigung ist der BPP – der Bund Philatelistischer Prüfer e.V., dessen Kontaktangaben auf der Seite www.bdph.de zusammengefasst sind. Ein durch den BPP ausgestelltes Prüfattest hilft, Sicherheit über den Echtheitsstatus einer Marke zu erhalten.

Doch gibt es auch Fälschungsmethoden, die Prüfatteste in den Betrug miteinbeziehen. Dann passt die abgebildete Marke bei genauer Betrachtung nicht zum begleitenden Attest. Gerade in den letzten Jahren häufen sich solche Betrugsfälle.

Im Bild ist ein Attest von Februar 2022 für eine Nothilfemarke des Deutschen Reiches zu sehen, das nicht von einem Prüfer des BPP, sondern von der Briefmarkenprüfstelle Basel ausgestellt wurde. Die Marke mit dem Attest wurde im Februar 2022 bei Ebay für 1950 Euro angeboten. Wie jeder Interessierte an dem hier gezeigten Attest feststellen kann, stehen auf der Briefmarke und deren Stempel das Jahr 1926. Doch im Attest selbst ist einleitend von einer Briefmarke vom 15. November 1928 die Rede. Dies ist das Ausgabedatum der MiNr. 425 des Deutschen Reiches, die es mit stehendem und mit liegendem Wasserzeichen gibt und deren teure Variante – die mit stehendem Wasserzeichen – im MICHEL-Deutschland-Spezial in gestempelter Erhaltung 4.500 Euro wertet.

Bereits mithilfe des MICHEL-Deutschland-Kompakt-Kataloges kann jeder feststellen, dass die Marke auf dem Attestfoto nicht die MiNr. 425, sondern die 398 ist. Diese notiert im aktuellen MICHEL mit 900 Euro in gestempelter Erhaltung. Das falsch zugeordnete Attest macht aus 900 stolze 4.500 Euro.

Die kleinen Nothilfemarken aus der Zeit der Weimarer Republik mit den Landeswappen gibt es aus den Jahren 1925 (MiNr. 375–377), 1926 (MiNr. 398–401), 1928 (MiNr. 425–429) und zuletzt aus dem Jahr 1929 (MiNr. 430–434). Von den Ausgaben der Jahre 1926 und 1928 gibt es seltene Wasserzeichenstellungen, die häufig gefälscht werden. Die Wasserzeichenlage geht einher mit der Gummiriffelung. Also wird auch die Gummiriffelung oft gefälscht, meist im Zusammenhang mit einer falschen Gummierung. Während bei der echten Riffelung bildseitig keine starken Spuren zu sehen sind, befinden sich auf den verfälschten Marken überwiegend auch bildseitig stärkere Spuren dieser falschen Riffelung.

Ob eine Marke die Riffelung aufweist, die mit dem stehenden Wasserzeichen einhergeht, lässt sich übrigens feststellen, indem man die Marke mit der Rückseite nach oben in die hohle Hand legt und wartet, bis sich das Papier biegt. Befindet sich der Scheitel der Biegung quer zur Leserichtung, handelt es sich um die billigere Y-Variante nicht um die teure Variante X.

Betrachtet man den Stempel auf dem Attestfoto genauer, kann man anhand des Verlaufs der Linien und der Ziffern zudem feststellen, dass hier nicht von einem echten Gerät gestempelt wurde, sondern von einer Stempelimitation nach einer retuschierten Vorlage. Unabhängig davon steht in der Datumszeile „15.12.26 14–15“. Das ist ein sogenannter 24-Stunden-Stempel mit einer Zeitangabe ohne V oder N hinter der Uhrzeit und einer Uhrzeitangabe größer als 12. Die ersten 24-Stunden-Stempel wurden aber erst ab dem Jahr 1927 eingeführt. In einem echten Abschlag von 1926 zu dieser Uhrzeit würde „2–3 N“ stehen. Der Abschlag kann also auf keinen Fall echt sein. Abschläge des echten Geräts findet man auf www.stampsx.com/ratgeber/stempel96039.htm.

Autor: Jürgen Kraft