Kaum ein Sammelgebiet scheint so komplex wie die Ausgaben von Helgoland zwischen 1867 und 1890. In fast keinem anderen Gebiet werden so viele Marken fälschlich als Originale angeboten.

Die Ursache dafür ist einfach: Neben einigen primitiven Ganzfälschungen mit relativ grober Zeichnung gibt es große Mengen von Neudrucken. So wurden Ende 1890 amtliche Neudrucke der Marken MiNr. 13 bis 16 sowie 18 bis 20 hergestellt. Die amtlichen Neudrucke haben eine Auflage von nur 200 Stück und sind meist viel teurer als die Originale. Sie werden so gut wie nie angeboten.

Doch bereits zuvor, zwischen 1875 und 1885 wurden amtlich vermittelte Neudrucke produziert. Diese wurden mit Einverständnis des Helgoländer Gouvernements für den Hamburger Händler J. Goldner von den Marken MiNr. 1 bis 4, 7 bis 12 und 17 hergestellt. Die Gruppe dieser Neudrucke, die sogenannten Berliner Neudrucke, sind den Originalen teils sehr ähnlich und durchweg billiger, eignen sich also hervorragend für betrügerische Angebote.

Danach gab es noch rein private Neudrucke, die Goldner von den inzwischen von ihm erworbenen Originaldruckplatten herstellen ließ. Diese wurden im März 1888 in Leipzig gedruckt und ab Januar 1891 bis Ende 1895 in Hamburg.

Wer in dieses komplexe Sammelgebiet einsteigen will, sollte mit BPP-geprüften Marken beginnen, durchaus auch mit korrekt bestimmten Neudrucken. Eine Unterscheidung der Marken ist anhand der Merkmale Zähnung, Druckfarbe und Zeichnung möglich.

Bei den Marken MiNr. 1 bis 16 mit dem Profil der Königin Victoria gibt es drei verschiedene Kopftypen, wobei die Type III nur bei MiNr. 7 vorkommt und sich durch die kleine, eher gerade Locke am Haarknoten auszeichnet. Die beiden Haupttypen I (in der Abbildung links) und II (in der ABbildung rechts) zeigen dagegen eine große rundliche und eine sichelförmige Haarlocke. Außerdem unterscheiden sie sich auch im Sockel der Büste. Bei Type I zeigt die Spitze unten links nach unten, bei Type II nach vorne. Bei Type I ist der Abschluss des Sockels unten rechts abgerundet, bei Type II spitz. Das Bild links zeigt Haupttype I, das Bild rechts Haupttype II, wobei links eine Originalmarke MiNr. 10 zu sehen ist und rechts ein Berliner Neudruck von 1884.

Überhaupt sind am Beispiel der MiNr. 10 die typischen Merkmale der Originale gut zu erkennen. Das folgende Bild zeigt links oben das Original und neun unterschiedliche Neudrucke. Das Original hat immer Kopftype I. Nur zwei der Neudrucke haben ebenfalls Kopftype I, und zwar die fünfte Marke in der oberen und die zweite in der unteren Reihe. Bei der Marke in der oberen Reihe handelt es sich um einen Leipziger Neudruck, bei der Marke unten um einen Hamburger.

Alle Leipziger Neudrucke sind bereits an der Zähnung zu erkennen. Die Perforationslöcher sind kleiner als bei Originalen, und die Eckzähne unten wirken immer breiter als die Eckzähne der anderen Ausgaben. Zusätzlich zeigen alle Leipziger Neudrucke eine glänzende Oberfläche, ein leicht elfenbeinfarbenes Papier und eine glatte Gummierung.

In der zweiten Reihe zeigt die zweite Marke die richtige Kopftype, aber ein kopfstehendes Medaillon. Diese Abart ist immer ein Hamburger Neudruck. Alle Hamburger Neudrucke haben kleine Zähnungslöcher und im Gegensatz zu den anderen Drucken keine Kammzähnung, sondern eine Linienzähnung. Bei einer Linienzähnung entstehen keine gleichmäßig breiten Eckzähne. Die gesamte untere Reihe des Bildes zeigt Hamburger Neudrucke, und bei keiner der Marken gibt es auch nur eine gleichmäßige Ecke.

Bei der MiNr. 10 kann man also auch ohne Berücksichtigung der Farbe problemlos ein Original an Kopftype und Zähnung von den Neudrucken unterscheiden. Wer zusätzlich noch Sicherheit durch die Farbe gewinnen will: Originale sind hellgelbgrün, alle anderen Drucke der MiNr. 10 zeigen ein dunkleres Grün.

Im Bild sind oben von links nach rechts: Original, Berliner Neudruck von 1875, 1879, 1884, Leipziger Neudruck. In der unteren Reihe: Hamburger Neudruck Auflage A, B, C, C und D. Bei allen Ausgaben gibt es leichte Unterschiede in den Farbtönen.

Da Berliner Neudrucke die gleiche Zähnung wie die Originale haben, ist eine Zuordnung anhand einer Abbildung nicht so einfach möglich, wie bei den Leipziger und Hamburger Neudrucken. Wichtigste Unterscheidungsmerkmale der Berliner Neudrucke sind das nicht gegitterte Papier und der stärker ausfallende Buchdruck. Auch unterscheiden sich etliche Druckfarben unter UV-Licht deutlich.

Autor: Jürgen Kraft