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MIR 8 2017 Seite 40(mi) Sehr geehrte MICHEL-Redaktion,

ich habe eine gut ausgebaute Sammlung Inflation und stelle dieses Jahr auf der Stufe II in Wettingen aus. Wie Sie wissen, achten die Juroren speziell auf genaue Beschreibungen. In meiner Sammlung habe ich einen an sich interessanten Beleg; damit ich ihn möglichst exakt beschreiben kann, bräuchte ich eine Definition für respektive eine Unterscheidung zwischen „Postkarten” und „Drucksachen”.

 

Nach meinen Kenntnissen und meinem Empfinden als Sammler besteht eine Drucksache allein aus mehrfach technisch gedruckten Mitteilungen. Postkarten hingegen sind individuelle Mitteilungen, die mindestens einen handschriftlichen Eintrag, und sei es nur der Name des Absenders, haben. Damit Sie die Problematik nachvollziehen können, lege ich Ihnen den erwähnten Beleg vor. Nach meiner Beurteilung müsste es sich um eine reine Drucksache handeln.

 

MIR 8 2017 Seite 40-2Die Grundlage wurde seinerzeit zwar ohne Zweifel als Postkarte erworben, doch bei Gebrauch war in Folge der Inflation das aufgedruckte Porto von 75 Pfennigen überhaupt nicht mehr relevant. Der Aufgabeort Lörrach und der Zielort Basel liegen im Bereich Grenzverkehr; damit ist der Beleg als Fernverkehr mit 4 Millionen nur portorichtig, wenn er nach dem Postkartenporto frankiert ist. Handelt es sich beim vorliegenden Beleg um eine Drucksache, was ich vermute, hätten 6 Millionen frankiert werden müssen, da Drucksachen den Ermäßigungen im Grenzverkehr nicht unterlagen. Bei der Genauigkeit der Arbeit der Deutschen Post hätte das eigentlich bemerkt werden müssen. Was auf Anerkennung als Postkarte hinweist, ist die unbeanstandete Beförderung durch die Deutsche und die Schweizer Post.

 

Mit freundlichen Grüßen

Franz-Josef F.

 

Sehr geehrter Herr F.,

 

zunächst die „graue“ Theorie: Nach Ullrich Hägers Großem Lexikon der Philatelie sind Drucksachen „im In- und Auslandsverkehr zu ermäßigter Gebühr zugelassene Sendungen für in Buchdruck oder einem anderen Vervielfältigungsverfahren (hinsichtl. Fotokopien bestehen teils Einschränkungen) hergestellte Prospekte, Preislisten u.ä. in Form von Postkarten, im offenen Briefumschlag oder unter Streifband.“ Wolfram Grallerts Lexikon der Philatelie definiert wie folgt: „offene Briefsendung, deren Inhalt durch mechan. od. fotomechan. Vervielfältigung (Druck, Stempel, Abziehverfahren, nicht mit Schreibmaschine) hergestellt worden ist.“ Laut Wikipedia änderten sich „die Vorschriften darüber, was Drucksachen sind, oder beispielsweise welche handschriftlichen Zusätze erlaubt sind, (...) häufig“.

 

Postkarten hingegen sind nach Grallert „offene Postsendungen ohne Umschlag in rechteckiger Form aus Steifpapier“. Für Postkarten gibt es gewisse Größenbeschränkungen, jedoch keine inhaltlichen Maßgaben. Die Tatsache, dass Ihr Beleg rückseitig keine handschriftlichen Teile enthält, ist also kein Beweis für das Vorliegen einer Drucksache. Und der Absender hat sich seinerzeit sicher die günstigste Versendungsform für sein Werbeschreiben ausgesucht – bedingt durch den Grenzverkehr ausnahmsweise nicht die Drucksache, sondern eben die Postkarte. Hätte der Absender den Versand als Drucksache gewünscht, hätte er außerdem das eingedruckte Wort „Postkarte“ gestrichen und „Drucksache“ vermerkt. Unserer Auffassung nach ist Ihr Beleg eine Postkarte – eine mit 4 Millionen Mark und 75 Pfennigen nur ganz leicht überfrankierte...

 

Mit freundlichen Grüßen

MICHEL

 

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