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Entdeckt man preisgünstige Briefmarkenangebote auf Online-Plattformen, so ist das Interesse schnell geweckt. Gut, dass dabei meist ohnehin ein MICHEL-Katalog zur Hand ist. Denn findet sich bei der gesuchten Ausgabe ein dickes „F“ im Oval, so ist dies ein Hinweis darauf, dass Falschstempel vorkommen, und steht das Wort „FALSCH“ im Rechteck, sind Ganzfälschungen oder falsche Aufdrucke häufig.

Bei Aufdruckausgaben findet man im MICHEL im Kopftext zur Ausgabe einen Hinweis darauf, in welchem Druckverfahren der Aufdruck ausgeführt wurde. Gerade Aufdrucke sind in sehr vielen verschiedenen Druckverfahren zu finden, da es sich oft um schnell erforderliche Änderungen an den postgültigen Briefmarken gehandelt hat. So finden sich neben Buchdruckaufdrucken auch Handstempelaufdrucke und sogar handschriftliche Aufschriften. Besonders davon betroffen sind Besetzungsausgaben im Ersten und Zweiten Weltkrieg. Oft sind Marken ohne Aufdruck Massenware und mit Aufdruck große Raritäten.


In Estland gab es im Juli 1941 in Nüggen eine Freimarkenausgabe mit 5 Werten in zwei Aufschriftfarben. Handschriftlich wurde mit roter oder grüner Tinte die Aufschrift „Eesti/Post“ auf sowjetischen Urmarken angebracht. Die fünf Urmarken sind bei MICHEL mit 20,– Euro bewertet, die fünf Werte mit Aufdruck zwischen 14.000,– und 42.000,– Euro je nach Erhaltung.

Im Februar 2021 wurde ein Satz dieser Marken Deutsche Besetzung, Estland, Nüggen MiNr. 1–5 c postfrisch und BPP-geprüft angeboten. Der Katalogwert dafür ist 25.000,– Euro; der Preis war mit 2975,– Euro sehr niedrig angesetzt. Weder ein Rückseitenbild der BPP-Signatur noch ein Attest waren abgebildet. Generell werden Marken in dieser Preislage aber mit Attest gehandelt – der Verdacht liegt also nahe und bestätigt sich bei genauerer Betrachtung: Die Aufschriften sind falsch. Die erste Abbildung zeigt eine echte Marke, die folgenden vier sind verfälschte Marken:

Die echte Marke zeigt offensichtlich Tintenstriche, die an den Kanten eine stärkere Pigmentierung aufweisen; ganz am Rand sind die Striche schwärzer. Die echte Aufschrift zeigt außerdem links schwarze und rechts grüne Tinte. Auch diese Eigenschaft ist im MICHEL-Deutschland-Spezial beschrieben. Die grüne Tinte kann sich durch äußere Einflüsse zu Schwarz verfärben. Bei den oben abgebildeten Aufschrift-Fälschungen sieht man eine punktförmige Verteilung von Farbpigmenten. Ein solches Bild kann sich bei Stempeln oder Drucken ergeben, keinesfalls aber bei handschriftlichen Aufschriften mit Tinte. Die Fälschungen zeigen auch noch ein weiteres Merkmal: Die dunkleren Punkte der Imitation befinden sich bei jeder Marke an exakt der gleichen Stelle. Das kann ausschließlich durch ein Druckverfahren verursacht sein. Unterschiede der Druckverfahren werden auf der Internetseite https://www.stampsx.com/forum/topic.php?id=2139 erklärt. Die vier Fälschungen oben könnten mit einem Computerdrucker hergestellt worden sein.


Bei den deutschen Feldpostmarken für die Insel Kreta 1944 gibt es einen orange- bis zinnoberroten Aufdruck auf den sehr häufigen Luftfeldpost-Zulassungsmarken MiNr. 1 A und 1 B. Auch bei diesen Ausgaben findet sich im MICHEL der Hinweis auf Stempel- und Aufdruckfälschungen. Hier sind die Aufdrucke im Buchdruck ausgeführt. Die meisten Aufdruckfälschungen sind im Offsetdruck hergestellt, mittels Gummihandstempel oder Computerdrucker. Nachfolgend abgebildet sind links eine echte Marke mit echtem Aufdruck und rechts die mit 4500,– Katalogwert notierte 7 B K mit Aufdruckfälschung.

 

Fälschungen mittels Offsetdruck und Handstempel kann man anhand der fehlenden Buchdruckmerkmale auch ohne Vergleichsmaterial erkennen; Buchdruck-Fälschungen erfordern Vergleichsmaterial. Zum Vergleich bieten sich Abbildungen echter Marken und Aufdrucke aus dem Internet an. Eine der üblichen Internetsuchen kann hier schon zum Erfolg führen, oder man sucht in einem Forum. Eine detaillierte Erklärung zu dieser Fälschung gibt es auf der Seite https://www.stampsx.com/forum/topic.php?id=5397.

Die Unterschiede liegen hier im Detail. Der echte Aufdruck (im Bildteil oben) zeigt an den Bäumen oben eine stärkere Verbreiterung. Der Abschluss unten ist fast immer eine gerade Linie. Bei der Aufdruckfälschung sieht man unten dagegen fast immer einen a bgerundeten Abschluss.

Die echten Aufdrucke gibt es mit mehr oder weniger Druckfarbe. Dadurch entstehen feinere bis kräftigere Aufdrucke. Die Form des Schriftmetalls – über dieses wird die Druckfarbe auf das Papier gebracht – zeigt sich an den meisten Stellen aber sehr deutlich. Besonders an den sogenannten Drucknähten oder Quetschrändern, den stärker pigmentierten Außenkanten eines Buchdruckabdrucks, ist die tatsächliche Form zu erkennen. Im Bild zeigt die Aufdruckfälschung durch etwas übersättigte Druckfarbe die Drucknähte noch deutlicher. Damit aber auch, dass es sich eindeutig um die falsche Form und damit um eine Fälschung handelt.


Worauf sollte man also achten, bevor man online ein Gebot abgibt?

Sind auf einer Artikelabbildung keine Details zu erkennen, sollte man vor dem Kauf oder der Abgabe von Geboten ein besseres Bild anfordern. Ein Scan sollte mit wenigstens 1200 dpi erstellt werden. Gibt es kein aussagefähiges Bild und kein gezeigtes Attest für eine fälschungsgefährdete Marke, sollte man die Finger davon lassen. Eine positive Bewertung des Händlers ist leider kein Hinweis auf die tatsächliche Integrität des Anbieters. Meist bewerten Käufer die Schnelligkeit des Versands, die Kosten dafür oder den vermeintlich niedrigen Preis. Diese Tatsache lässt sich bei vielen Anbieternamen feststellen, die eine große Zahl von Fälschungen als echt anbieten und tatsächlich auch verkaufen – und trotzdem 100 % positive Bewertungen haben.

 


Mit zu den häufigsten als echt angebotenen Aufdruckfälschungen gehören die „BERLIN“-Aufdrucke aus Westberlin 1948/49. Die „Schwarzaufdrucke“ MiNr. 1–20 kommen auch häufig mit echten Aufdrucken und falschen Stempeln vor. Die Ursache ist der unterschiedliche Handelswert. Ungebraucht notiert der Satz 130,– Euro, gestempelt sind es 2400,– Euro. Hier soll es aber in erster Linie um die Aufdrucke gehen.

Im Jahr 1949 erschienen, einige Monate nach den Schwarzaufdrucken, die „Rotaufdrucke“. Die MiNr. 21–34 sind mit 550,– Euro für ungebraucht, 1400,– für postfrisch und 900,– für gestempelt notiert. Die jeweils häufigste Variante der gleichaussehenden Urmarken wertet selbst postfrisch nur 10,– Euro im MICHEL.

Beide Sätze wurden aus Urmarken der Arbeiterserie der Gemeinschaftsausgaben, der sogenannten II. Kontrollratsausgabe, gewonnen. Überdruckt wurden verschiedene, bereits vorhandene Auflagen der Urmarken; für einen Teil der Berliner Aufdruckmarken wurden die Urmarken aber auch neu hergestellt und anschließend überdruckt. Die exakten Farbtöne dieser Neuauflagen gibt es nicht bei den ursprünglichen Auflagen. Diese Tatsache hilft uns beim Beurteilen, ob eine solche Marke echt sein kann. Die Pfennigwerte wurden in 100er Bogen gedruckt, die Markwerte in 50er Bogen. Hierfür gab es eine andere Aufdruckplatte, jedoch aus gleichen Typen mit gleichen Maßen.

Fälschungen zum Schaden der Sammler lohnen sich bei jeder der Marken MiNr. 1–34. Die Qualität der Fälschungen ist sehr unterschiedlich; sowohl Aufdrucke mit Stempeln zum Selbermachen wie auch Buchdruckaufdrucke in nahezu perfekten Typen sind zu finden. Die echten Aufdrucke sind im Buchdruck ausgeführt. Unterschiedliche Sättigung der Druckfarbe erzeugt auch bei echten Aufdrucken unterschiedlich „fette“ Aufdrucke. Die tatsächliche Form der Typen bleibt aber praktisch immer irgendwo im Aufdruck sichtbar. Wie bei jeder Prüfung auf Echtheit sind auch hier Vergleichsstücke unverzichtbar.

Echte Aufdrucke stehen in einem Winkel von 45° Grad. Die Gesamtbreite des Aufdrucks ist immer gleich. Die mittleren Buchstaben können innerhalb einer geringen Spanne unterschiedlich zueinander stehen. Es handelt sich um Typensatz, jeder Buchstabe wurde also einzeln gesetzt, und es gibt minimale Unterschiede bei winzigen Details. Die zusammengestellten Aufdruckplatten wurden nicht verändert, sodass man die Aufdrucke Bogenfeldern zuordnen kann.

Der Buchdruck ist von der Rückseite her immer sichtbar, meist etwas ins Papier eingeprägt. Beim echten Schwarzaufdruck kommen zwei Druckfarben vor, beim Rotaufdruck gibt es auch winzige Farbtonunterschiede. Die Abbildung zeigt einige echte Aufdrucke auf hellen Marken, auf denen der Aufdruck besonders deutlich sichtbar ist. Viele Marken tragen auch Prüfersignaturen, da die ersten Fälschungen schon während der Gültigkeit der Marken vorkamen. Bei gestempelten Marken mit lesbarem Datum ist es auch wichtig, darauf zu achten, dass dieses innerhalb der Gültigkeitszeit liegt.

Bei den Berlinaufdrucken gibt es zwei alltägliche Marken, die man zur Anfertigung einer Prüfschablone verwenden kann – die 24 Pfennig und die 60 Pfennig der Schwarzaufdrucke. Diese stehen gestempelt für nur 0,60 Euro im Katalog und sind oft als Lot mit mehreren Stücken preiswert zu haben. Eine Marke mit kleinen Mängeln bietet sich an. Die Marke klebt man auf ein dünnes Stück Karton und schneidet den Karton genau durch die Aufdruckmitte durch. So erhält man zwei Schablonen mit jeweils dem halben Aufdruck. Die Schablone hält man dann so auf ein Prüfstück, dass der Aufdruck dadurch vollständig zu sehen ist. Geringste Abweichungen fallen so sofort ins Auge.

Eine Anleitung zum Gebrauch der Prüfschablone gibt es auch als PDF auf https://www.stampsx.com/downloads/berlinaufdrucke.pdf. Zum Vergleich von Scans kann man in einem Bildprogramm, zum Beispiel der Freeware GIMP, ein Vergleichsstück und ein Prüfstück virtuell übereinanderlegen. Bei allen Markwerten helfen auch die Linien in der Markenmitte, die genau wie der Aufdruck in einem Winkel von 45° Grad verlaufen.

Echte Aufdrucke stehen also immer auf einer gedachten Linie parallel zu den Linien der Urmarke. Der Aufdruck im hier gezeigten Bild steht schräg zu den Hintergrundlinien, ist also falsch. Oft zeigen die falschen Aufdrucke auch zu große Buchstaben, wobei die rechte Senkrechte des „N“ von „BERLIN“ fast immer höher ist als die linke. Bei den Markwerten ist Feld 45 eine Ausnahme und als Abart VII im MICHEL-Deutschland-Spezial zu finden.

Rotaufdrucke haben darüber hinaus die UV-Reaktion als wichtige Vergleichsmöglichkeit, sofern man die Marken vorliegen hat. Die rote Sicherheitsfarbe der Bundesdruckerei reagiert orangerot, die meisten Fälschungen karmin bis schwarz.

Abschließend sei bemerkt, dass es auch von den Grünaufdrucken falsche Aufdrucke und Falschstempel gibt. Auf kleinen Abbildungen sind diese Fälschungen nicht so leicht zu erkennen. Prinzipiell sind echte Aufdrucke sauber ausgeführt, Fälschungen oft unsauber. Die Aufdruckfarbe dieser Fälschung ist meist zu transparent.

Autor: Jürgen Kraft