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(tb) Die Monopolkommission sieht das Wachstum des Internet-Versandhändlers Amazon in der Paketzustellung zunehmend kritisch. In einem Gutachten, das sie für die Bundesnetzagentur verfasst hat, warnte sie, dass Amazon inzwischen eine „signifikante Größe erreicht“ habe und den Markt in den kommenden Jahren „nachhaltig verändern“ könne.

Dabei spielen nicht nur Amazons Marktanteile von geschätzt – präzise Zahlen liegen auch der Bundesnetzagentur nicht vor – fünf bis 15 Prozent aller in Deutschland zugestellte Paket und mehr als der Hälfte aller Non-Food-Aktivitäten im Internet-Versandhandel eine Rolle. Sorgen bereitet der Monopolkommission auch, dass Amazon dank seiner Marktmacht die auf seiner Plattform tätigen Dritthändler in Zukunft zwingen könne, den Versand über den Zustelldienst von Amazon vorzunehmen.

Zwar gäbe es in Deutschland mit der Deutschen Post noch einen klaren Marktführer, der dank seiner Aktivitäten im Briefdienst mit der Verbundzustellung einen klaren Wettbewerbsvorteil gegenüber reinen Paketdiensten genieße. Doch nutze die Deutsche Post dafür auch regulatorische Vorteile wie das Umsatzsteuerprivileg, das sie derzeit als einziger im Universaldienst tätiger Anbieter in Anspruch nehmen könne.

Solche regulatorische Ungleichgewichte sieht die Monopolkommission gern abgeschafft und empfiehlt daher eine neuerliche Postreform, um insbesondere den Wettbewerb im Briefbereich zu stärken. Neben stärkeren Kontrollen und höheren Bußgeldern bei Preisdumping der Deutschen Post regt sie an, den Marktführer zu verpflichten, neben vorsortierten Briefen auch Warensendungen bis zu zwei Kilogramm Gewicht sowie Zeitschriften von als Konsolidierer auftretenden Wettbewerbern anzunehmen und zuzustellen.

Genau dieser Vorschlag könnte aber letzten Endes Amazons Position gegenüber den Dritthändlern stärken. Bislang stellt Amazon nur in ausgewählten Städten und Regionen mit einem hohen Paketaufkommen selbst zu. Anderswo beauftragt der Versandhändler Wettbewerber mit der Paketzustellung, vornehmlich die Deutsche Post. Müsste diese auch von Amazon vorsortierte, also konsolidierte Warensendungen zustellen, könnte Amazon gegenüber zahlreichen Dritthändlern als Komplettanbieter im Warenversand auftreten. Diese Chance dürfte sich der ohnehin wegen seiner monopolistischen Geschäftspraktiken verrufene Weltkonzern kaum entgehen lassen.

Vergleicht man Amazons Marktanteil in Deutschland mit anderen Ländern, fällt er noch vergleichsweise gering aus. In Großbritannien liegt er bereits sicher bei 15 Prozent, in den Vereinigten Staaten sogar bei 21 Prozent. Mit 36 Prozent ist Amazons Marktanteil in Italien besonders hoch. Dort verhängten die Wettbewerbshüter jüngst ein Bußgeld von 1,1 Milliarden Euro, weil Amazon seine Marktmacht missbraucht habe. Das Bußgeld ist zwar noch nicht rechtskräftig, da Amazon wohl den Rechtsweg beschreiten wird. Die Höhe des Bußgeldes zeigt aber eindeutig, welche Qualität und Quantität die Rechtsverstöße hatten, denen die Kartellbehörden nachgegangen sind.