In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfuhren Industrie, Handel und Verkehr einen bemerkenswerten Aufschwung. Zur selben Zeit begann auch der Ausbau des Eisenbahnnetzes in ganz Europa. Die Nachfrage nach Postdienstleistungen nahm Jahr für Jahr zu, auch weil immer mehr Menschen lesen und schreiben konnten, und Papier sowie Tarife aufgrund des Fortschrittes erschwinglicher wurden.

Besonders profitierte die Post von der Eisenbahn, mit welcher große Mengen an Poststücken in bedeutend geringerer Zeit geliefert und zugestellt werden konnten. Benachteiligt waren Orte auf dem Lande und in gebirgigen Gegenden, wo sich oft nicht einmal die Errichtung eines Postamtes rentierte.

In solchen Fällen wurden in Österreich nach der Ausgabe der ersten Briefmarken sogenannte Briefmarken-Verschleißer beauftragt. In den meisten Fällen waren dies Kaufleute oder Gastwirte, die sich an einem zentralen Punkt des jeweiligen Dorfes befanden.

Neben den Postämtern durften somit erstmals Privatpersonen Briefmarken verkaufen. Aufgegeben werden konnten Briefe direkt im Geschäft, im Gasthof oder am dort angebrachten Briefkasten. Durch die Konzession des Briefmarkenverkaufs verpflichtete sich der Verkäufer, die Poststücke kostenlos und in regelmäßigen Abständen dem nächsten Postamt zu übergeben. Infolgedessen nahm der Verkäufer im Postamt auch Poststücke entgegen, welche von den Dorfbewohnern bei ihm abgeholt werden konnten. Er erhielt sogar das Recht, eine Gebühr vom Empfänger einzubehalten. Alternativ stand es natürlich jedermann frei, die Poststücke selbst im meist weit entfernten Postamt abzuholen.

Eigene Stempel für die privaten Postsammelstellen gab es zu jener Zeit noch nicht, und erst ab Anfang der 1880er Jahre war erstmals die Bezeichnung „Briefablage“ bekannt. 1895 wurden die Bezeichnung „K.K. Postablage“ und die ersten Postablagestempel verwendet.

Ab 1. Juli 1900 wurde schließlich das Postablagewesen vom K.K. Handelsministerium geregelt. Infolgedessen wurde dem Postablageführer auch eine Entlohnung zuerkannt. Die notwendige Ausstattung wurde nun auch von der Post zu Verfügung gestellt: Das waren eine Tafel mit der Aufschrift „K.K. Postablage“, ein Briefkasten und ein Stempel mit Farbkissen. Der Postablageführer verkaufte weiterhin Briefmarken, durfte diese aber nicht mit dem Postablagestempel versehen, denn die Entwertung oblag dem zuständigen Postamt. Der Postablagestempel musste von der Briefmarke entfernt angebracht werden.

Eine Ausnahme gab es, wenn das Poststück den Ort nicht verließ, dann durfte die Briefmarke tatsächlich mit dem Postablagestempel entwertet werden. Solche Belege sind aber selten. Die hier gezeigte Karte wurde am 9. März 1910 geschrieben und innerhalb des Ortes Tscherms zugestellt. In diesem speziellen Fall wurde der Postablagestempel zweimal abgeschlagen. Vermutlich zuerst in einiger Entfernung und, als der zuständige Bedienstete sah, dass die Karte den Ort nicht verlässt, auch direkt auf der Marke. Nächstgelegenes Postamt war das in Lana an der Etsch.

Das Bild zeigt ein Postablage-Schild mit Inschrift „K.K. Post-Ablage“ und österreichischem Doppeladler. Solche Schilder heute ausfindig zu machen, ist alles andere als einfach; dieses Exemplar stammt aus der Sammlung des Österreichers Johannes Gschiel.

Neben den einsprachigen Postablage-Schildern gab es auch mehrsprachige Exemplare.


Mit dem Bau von Schutzhütten im Hochgebirge, der Zunahme des Alpintourismus Anfang des 20. Jahrhunderts und der enormen Beliebtheit der Ansichtskarte bestand auch im Hochgebirge die Notwendigkeit, Postablagen einzurichten.

Das Pfitscher Joch

Das Pfitscher-Joch-Haus auf 2276 Metern über dem Meer ist eine Schutzhütte im italienischen Teil der Zillertaler Alpen. Bereits 1882 errichtete der Deutsch-Österreichische Alpenverein einen Reitweg vom Zillertal aufs Pfitscher Joch; zwei Jahre später auch von Pfitscher Seite aus. Im Jahr 1890 wurde die erste Hütte auf dem Pfitscher Joch eröffnet, die ein Wirt aus dem Pfitschtal errichtet hatte. Während des Ersten Weltkrieges blieb die Hütte geschlossen.

Nach dem Anschluss Südtirols an Italien wurde die Hütte von der italienischen Finanzwache beschlagnahmt. Zwischen 1934 und 1937 baute das italienische Heer den Weg aufs Joch zu einer Straße aus. Die italienisch-österreichische Grenze liegt etwa 400 bis 500 Meter von der Hütte entfernt. In Grenznähe gibt es in Südtirol noch zahlreiche Schotterstraßen aus damaliger Zeit, die heute hauptsächlich von Mountainbikern genutzt werden.

Seit 1973 wird die Hütte wieder bewirtschaftet. Die Postablage wurde am 1. September 1901 eröffnet; zuständig war das Postamt Sterzing. Geöffnet war die Postablage jeweils im Sommer von Juli bis Mitte September.

Die Ansichtskarteging vom Pfitscher-Joch-Haus nach Innsbruck mit rückseitigem, merklich von der Frankatur abgesetztem Postablagestempel und Poststempel von Sterzing aus dem Jahr 1910.

Die Reisemitteilung lautet: „Nach 5-stündigem sehr anstrengendem Marsch (2/3 über Schnee und Eis) hier angelangt. Jetzt gehts durchs Pfitschertal nach Sterzing“.

Die Landshuter Hütte

Die Landshuter Hütte, heute Europahütte, befindet sich 3 Gehstunden in westlicher Richtung vom Pfitscherjoch entfernt. Sie liegt auf 2693 Metern über dem Meer. Das Besondere an der Hütte ist, dass die italienisch-österreichische Grenze genau durch den Gastraum verläuft. Aus diesem Grund wird die Hütte auch gemeinsam von der Sektion Landshut des Deutschen Alpenvereins und der Sektion Sterzing des Club Alpino Italiano verwaltet. Die erste Hütte wurde im August 1899 eingeweiht. Da die Hütte sehr gut besucht wurde, beschloss man eine Erweiterung, welche in den Jahren 1903 und 1904 realisiert wurde.

Welche Herausforderung die Planung und der Bau einer Schutzhütte zu jener Zeit waren, kann man sich gut vorstellen. Zuerst musste ein Weg durch steiniges Gelände angelegt und anschließend das Baumaterial hinaufgeschafft werden. Nach der Fertigstellung mussten Lebensmittel angeliefert werden. In der heutigen Zeit übernimmt ein Hubschrauber die Versorgung von Hütten, welche nicht durch Autos, Traktoren oder Lastwagen erreichbar sind.

Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs blieb die Hütte für 10 Jahre unbewirtschaftet. Nachdem die zuständige Behörde die Grenze genau durch die Hütte legte, verblieb nur der östliche Teil bei Österreich. Der Deutsche Alpenverein Landshut sanierte in den 1920er Jahren den verbliebenen Hüttenteil und erweiterte ihn im Sommer 1930. Dann kam der Zweite Weltkrieg, und die Hütte blieb wieder ungenutzt – bis Anfang der 50er Jahre. Der italienische Teil verfiel langsam.

Erst seit 1988 wird die gesamte Hütte gemeinsam vom Deutschen Alpenverein und vom Club Alpino Italiano verwaltet. Seit dieser Zeit wehen auf der Europahütte drei Flaggen: die Tiroler, die italienische und die europäische. Die Postablage wurde am 15. Juni 1902 eröffnet und war jeweils im Sommer vom 15. Juni bis zum 15. September geöffnet. Anfangs war das Postamt von Brenner und später jenes von Sterzing zuständig. 

Die Postkarte lief von der Landshuter Hütte nach Freienfeld, italinisch Campo di Trens, nahe Sterzing. Sie trägt den Hüttenstempel „Landshuter Hütte. 7 AUG. 1905“ sowie den Postablagestempel „LANDSHUTERHÜTTE“. Beide sind von der Frankatur abgesetzt; entwertet wurde die Marke mit dem Poststempel von Brenner in Tirol am 9. August 1905. Ab und zu wurden auch Postablagestempel ersetzt; der hier gezeigte ist deutlich größer als auf späteren Karten.

Die hier gezeigte Postkarte lief von der Landshuter Hütte nach Graz in der Steiermark. Sie trägt den Hüttenstempel „Landshuter Hütte am Kraxentrager“ sowie den Postablagestempel „LANDSHUTERHÜTTE“; entwertet wurde die Marke mit dem Poststempel von Steinach am Brenner vom 29. Juli 1925. In diesem Jahr war der österreichische Teil der Hütte wiedereröffnet worden.

Die Mitteilung der Karte lautet „Wir haben schon einige herrliche Touren hinter uns. Auch hier ist es wunderschön. Wir fanden schon sehr viel Edelweiß. Du wirst jetzt wohl bald nach Turnau fahren. Der Hochschwab ist klein gegen diese massigen Berge.“

Text und Abbildungen sind Auszüge aus der MICHEL-Rundschau 2019, Heft 6 Plus. Autor: Gerhard Freund.
Dort finden Sie weitere Beispiele für Postablagen im Hochgebirge sowie zusätzliche Postkarten samt Abbildung und Beschreibung.