Ungebrauchte Marken kann man in unterschiedlichen Erhaltungen sammeln – zum Beispiel postfrisch oder mit Falz. Grundsätzlich sollte man aber bei Marken, die mit einer Gummierung versehen am Postschalter verkauft wurden, wie auch bei ungummiert verkauften Marken Wert auf ein ungewaschenes Stück legen. Beim Waschen lösen sich immer Bestandteile des Papiers, was zumindest unter UV-Licht zu sichtbaren Veränderungen führt.

Bis zum Ende der 1950er Jahre war es üblich, ungebrauchte Marken mit Falzen – das sind gefaltete und gummierte Pergaminstreifen – in die Alben zu kleben. Aus philatelistischer Sicht ist diese Erhaltung durchaus sammelwürdig, besonders, wenn die Falze keine vorderseitigen Spuren hinterlassen haben und nur kleine Teile des Originalgummis überklebt sind. Die sogenannten „Schonfalze“, eine Art Tesafilm, den man angeblich spurlos von der Marke abziehen konnte, haben indes zahlreiche so befestigter Marken verdorben. Wie bei einer benzinlöslichen Gummierung üblich, dringt der Gummi im Laufe der Zeit in das Papier ein. Eine chemische Entfernung von Schonfalzflecken verändert die Marke stark. Marken, die heute noch so befestigt sind oder Schonfalzreste zeigen, sind nur in Ausnahmefällen sammelwürdig.

Seit vielen Jahrzehnten werden ungebrauchte Marken fast nur noch postfrisch gesammelt. Das betrifft besonders deutsche Marken nach 1923. Obwohl aus philatelistischer Sicht eine Marke mit kleinem Erstfalz kaum schlechter wirkt, haben sich die Marktpreise aufgrund zunehmender Nachfrage stark Fälschung erkannt auseinanderentwickelt. Je nach Gebiet und Ausgabe kann die postfrische Marke 10 mal so teuer gehandelt werden wie die gleiche Marke mit Erstfalz oder kleinem Falzrest.

Schon mit dem Beginn dieser Entwicklung wurden Marken entfalzt oder mit falschem Gummi versehen, um aus der billigeren Erhaltung die scheinbar teure zu gewinnen.

Sammlerlatein

Gerade im Internet kursieren verschiedenste Tipps, wie man die Gummierung einer Marke prüfen können soll – doch sind dabei auch viele zweifelhafte Ratschläge. So soll der Gummi falsch sein, wenn eine Briefmarke an den sich gegenüberliegenden Ecken auf einer ebenen Oberfläche aufliegt. Auch der Flug durch die Luft, der Klang beim Dagegenschnippen oder ein Bad in Terpentin sollen Aufschluss geben. Beliebt ist auch der Tipp, mit den Fingerspitzen über die Zahnenden zu gleiten – die falsch gummierte Zähnung ist angeblich härter als originalgummierte Zähne. Diese These mag zwar stimmen, doch wird durch die Berührung mit den Fingern die Qualität der Zahnspitzen nicht besser.

Richtige Methoden der Prüfung

An dieser Stelle wird davon ausgegangen, dass es sich bei den Prüflingen um gummiert verausgabte, gezähnte Marken handelt, die nur in einer Gummierungsvariante vorkommen. Prinzipiell gelten die Aussagen aber auch für andere Varianten. Der Vorteil der hier vorgestellten Methoden ist, dass sie die Prüfstücke nicht beanspruchen.

1. Vergleich der Gummierungsoberfläche im Tagesund UV-Licht
2. Kontrolle der Perforationslöcher und Zahnspitzen unter Lupe oder Mikroskop

Beide Methoden führen – jede für sich – zu einem korrekten Ergebnis, sofern man die Verfahren verstanden hat und richtig anwendet. Bei beiden Methoden macht man sich die Reihenfolge der Markenproduktion zunutze. Bevor man diese Methoden aber anwendet, sollte man anhand von Vergleichsmaterial die typischen Phänomene studiert haben. Dafür bieten sich Vergleiche zwischen nachgummierten und echt gummierten Marken an. Am Besten erwirbt man entsprechend geprüftes Material für diese Betrachtungen.

Bei der Produktion moderner Marken wird das Papier zuerst gummiert und erst dann bedruckt und perforiert. Also hinterlässt der Druck meist Spuren im Gummi. Sowohl beim Stichtiefdruck wie auch beim Buchdruck prägt sich das gesamte Druckbild oft bis in die Gummierung ein; beim Stichtiefdruck durchdringen zudem oft Farbreste das Papier an tief geprägten Stellen. Auch ist meist eine leichte Gummiriffelung zu sehen, die sich aber nicht auf die Bildseite der Marke durchdrückt. Sie ist allenfalls im Schräglicht schwach zu erkennen. Marken, die bildseitig stark geriffelt aussehen, sind meist nachgummiert und mit falscher Riffelung versehen. Unsere Abbildung am Textanfang zeigt die leichte Gummiriffelung bei echt gummierten Stücken.

Hier ein verfälschtes Exemplar der Marke Deutsches Reich MiNr. 348, 100 Pf. Flugpost.

Der Buchdruck prägt sich nicht auf die Gummierung durch, die Gummierung ist unnatürlich geriffelt und schneeweiß. Auch bildseitig ist die unnatürliche Riffelung deutlich zu sehen.

Postfrische Marken dieser Ausgabe zeigen nur den Hauch einer Riffelung bildseitig. Die echte Gummierung dieser Ausgabe ist durchsichtig, leicht gelblich und eher glänzend.

 

Ende Juni 2021 war auf Ebay ein angeblich postfrischer Posthornsatz im Angebot. Tatsächlich zeigen die Rückseiten der 60 Pf. und der 70 Pf. Originalgummi, doch die Rückseiten der 80 Pf. und der 90 Pf. weisen einen matten, welligen und damit falschen Gummi auf.

Bei der Perforierung einer Marke stanzen Stifte die trockene, brüchige und harte Gummierung und das Papier durch. Dadurch sind die Kanten der Zähnungslöcher bei unverfälschten Marken frei von Gummi oder Resten davon. Bei einer Nachgummierung läuft der flüssige Gummi oft über die Kanten hinaus und sitzt auch im Inneren der Rundung des Stanzungslochs.

Im Bild sind die gummifreien Fasern an den Zahnspitzen echter Marken zu sehen. Außerdem lässt sich die hier diagonal gebrochene Gummierung erahnen.

Läuft hingegen der falsche Gummi bis in die Zahnspitzen, zeigt sich dies als tropfenförmige Gummiansammlungen an einzelnen Papierfasern. Splitterförmige Anhängsel können auch bei Originalgummi vorkommen, tropfenförmige hingegen nur bei Nachgummierungen. Um die verräterischen Gummitröpfchen zu eliminieren, werden falsch gummierte Marken oft an den Zahnspitzen befeilt. Die Feile hinterlässt jedoch ihrerseits Spuren, die sich von den Spuren unterscheiden, die bei der Markentrennung üblicherweise entstehen. An nachgummierten oder billigen Marken kann man das Bild von befeilten Zahnspitzen selbst erzeugen und studieren.

Unser Beispielbild zeigt eine verfälschte Marke. Die Zahnspitzen rechts sind bis über die Faserenden hinaus gummiert; die Gummierung liegt über den Faserenden. Eine Originalmarke wird dagegen erst gummiert, dann gezähnt und schließlich getrennt; die Fasern an den Zahnspitzen bleiben also zwangsläufig gummifrei. Auffällig ist, dass die Zahnspitzen unten keinen Gummi aufweisen und darüber hinaus ein kurzes Stück Papier gummifrei geblieben ist. Der Fälscher hat die Marke offenbar fixiert, um den falschen Gummi auftragen zu können. Die Stellen, an denen die Marke gehalten wurde, zeigen keinerlei Gummi.

Alle modernen Marken, die in der beschriebenen Reihenfolge hergestellt wurden – das sind fast alle Briefmarken nach 1900 –, lassen sich so unter einem Mikroskop mit 10- bis 20-facher Vergrößerung und variabler Beleuchtung erfolgreich auf falschen Gummi prüfen.

Überdies erkennt man zugelaufene Zahnspitzen oder bildseitige Flecken von feuchtem Gummi, der durch das gewaschene Papier gedrungen ist, oft schon auf Abbildungen recht deutlich – ein Aspekt, der bei Internet-Käufen von Bedeutung ist. Vollständige Nachgummierungen lassen sich meist bei einer Bildauflösung ab 1200 dpi erkennen; schlechte Nachgummierungen oft schon bei 300 dpi.

Autor: Jürgen Kraft