(tb) Mit einem Paradoxon beschäftigte sich jüngst die Europäische Zentralbank (EZB).

Wegen der Coronakrise hatten rund 40 Prozent der Bürger angegeben, mehr mit Karte zahlen zu wollen und weniger mit Bargeld. Dennoch stieg die Nettoausgabe von Euro-Banknoten exorbitant. Gab die EZB im Dezember 2018 und 2019 jeweils Noten im Wert von rund 62 Milliarden Euro aus, waren es im Dezember 2020 mehr als 141Milliarden Euro. Insgesamt kursierten Ende 2020 Banknoten im Gesamtwert von 1,435 Billionen Euro, elf Prozent mehr als 2019.

Haben die Bürger also im Alltag doch das Bargeld verwendet? Dagegen sprechen die Daten des Einzelhandels und der Kreditwirtschaft über das Zahlungsverhalten der Kunden. Auch die Erklärung, die EZB habe im Rahmen ihrer Geldpolitik mehr Banknoten in Umlauf gebracht, lässt sich widerlegen, da die geldpolitischen Maßnahmen fast ausschließlich Buchgeld umfassten. Denkbar wäre schließlich, dass Euro-Noten verstärkt ins Nicht-Euro-Ausland gelangt sind – ohnehin schätzt die EZB, dass rund 30 bis 50 Prozent der ausgegebenen Euro-Noten außerhalb der Euro-Zone lagern. Die messbaren Geldbewegungen sprachen aber dafür, dass 2020 netto mehr Euro-Noten in die Euro-Zone gelangt als abgeflossen sind.

Daher kam die EZB zum simplen Schluss, dass die Bürger einfach auf Nummer Sicher gehen wollten und wegen der Coronakrise den Bargeldbestand daheim erhöht haben. Das taten sie auch schon bei früheren Krisen, als die Alternative Kartenzahlung noch weniger verbreitet als heute war. Welchen Wert Bargeld in der Coronakrise haben kann, vermag sich wohl jeder vorzustellen, der daran denkt, wie ein unter Quarantäne gestellter Bürger hilfsbereite Nachbarn bezahlen soll, die für ihn einkaufen gehen.