Leider sind Briefmarken, und nicht nur Briefmarken, die einige hundert Euro kosten, für Fälscher ein lukratives Tätigkeitsgebiet. Zu den Fähigkeiten eines gestandenen Briefmarkensammlers gehört es daher, solche Manipulationen auch selbst erkennen zu können. Denn es gibt allgemeine Regeln zum Erkennen von Fälschungen, die man erlernen kann. Dabei soll die neue MICHEL-Rundschau-Serie "Fälschung erkannt" helfen, für die wir den bekannten Journalisten Jürgen Kraft als Autor gewinnen konnten.

Die erste Folge widmet sich Peter Winter, dessen Produkte um 1985 in Massen auf den Markt kamen.

Die Frage, ob man der Echtheit einer Briefmarke vertrauen kann, stellt sich immer wieder. Auf Messen, Tauschtagen, im Verein oder bei Angeboten im Internet – nicht immer ist alles echt, was als echt angeboten wird.

Hinweise auf bekanntgewordene Fälschungen findet man in den MICHEL-Nachschlagewerken in Form des Wortes „FALSCH“ im Rechteck und „F“ im Oval für Stempelfälschungen. Grundsätzlich können Fälschungen und Verfälschungen bei allen besseren Werten vorkommen. Neben Ganzfälschungen, also nachgeahmten Drucken oder auch Stempelfälschungen, werden Gummierung, Gummiriffelung, Zähnung, Durchstich, Aufdruck, Prägung, Prüfzeichen und was sonst den Wert erhöhen kann, als echt und einwandfrei angeboten. Insbesondere bei klassischen Marken kommen auch Reparaturen oder Montagen auf Briefstück oder Briefen häufiger vor.

In besonders großer Stückzahl sind die sogenannten „Winterfälschungen“ deutscher Briefmarken auf dem deutschen Briefmarkenmarkt zu finden. Die meisten dieser Drucke haben am Unterrand den Text „FAUX“ für „falsch“ aufgedruckt. Es existieren aber leider auch Stücke ohne diesen Aufdruck. Häufig wird der Text auch weggekratzt oder chemisch entfernt. Trotzdem ist ein großer Teil dieser Fälschungen eigentlich leicht zu erkennen. Die Originale deutscher Briefmarken sind ab etwa 1872 fast alle mit einer Kamm- oder Kastenzähnung versehen. So gezähnte Marken haben vier gleichmäßige Ecken. Die Winterfälschungen dagegen haben fast ausschließlich eine Linienzähnung. Dabei entstehen jeweils individuell aussehende Eckzähne. Praktisch alle diese Fälschungen sind im Offsetdruck hergestellt und zeigen ein Raster, auch wenn die Originale im Buchdruck gedruckt wurden. Das Druckverfahren ist auf den meisten Artikelbildern zwar nicht zu erkennen, wohl aber die Linienzähnung

Im Folgenden ist links eine echte Marke im Buchdruck mit Kammzähnung abgebildet, daneben eine Fälschung im Offsetdruck mit Linienzähnung und die rechte Abbildung zeigt die gleiche Winterfälschung auf Briefstück montiert und mit dem dafür am häufigsten verwendeten Falschstempel.

 

Besonders bemerkenswert ist die nachfolgende Ganzfälschung. Das Stück wurde von einem Hamburger Briefmarkenhändler vor über 10 Jahren als echt verkauft.

Das bedruckte Stück Papier ist zunächst einmal eine der üblichen Ganzfälschungen von Peter Winter. Zusätzlich trägt der Block zwei Abschläge einer Stempelimitation. Solche Falschstempel kann man prinzipiell und mit entsprechender Erfahrung auch ohne Vergleichsmaterial erkennen. Scheinbar mitstempelnde Verschmutzungen, ungewöhnliche Verbiegungen an Buchstaben und Zahlen, Unterbrechungen oder zusätzliche Punkte an den Kreisen oder Typen wiederholen sich auf allen Abschlägen von solchen Stempelimitationen. Mehrere Abschläge von echten Stempelgeräten zeigen im Detail immer geringe Unterschiede.

Der hier vorgestellte Block zeigt noch weitere Verfälschungen: Die Kennzeichnungen durch das Wort „FAUX“ unter jeder dieser Marken wurde ausgekratzt. Hält man das Papier gegen das Licht, sieht man die kleinen helleren Rechtecke. Auch unter einer Lupe kann man die Spuren erkennen.

Rückseitig trägt das Machwerk sehr echt aussehende Imitationen von gleich zwei BPP-Signaturen. Die falschen Signaturen weichen in jedem Detail von den echten Signaturen ab. Abstände, Form, Größe und natürlich auch die Stempelfarbe unterscheiden sich. Aufgrund der geringen Größe sind falsche Signaturen in der Art, wie auf dieser Fälschung zu sehen, kaum auf Abbildungen oder auch am Original zu erkennen. Erst ein hochauflösender Scan oder ein Vergleich mit Originalen unter einer geeigneten Lupe ermöglicht eine Beurteilung. Strafrechtlich betrachtet stellt das falsche Signieren eine Urkundenfälschung dar.

Zum Glück ist die Beurteilung des Papiers, des Drucks, der Stempel oder gar der entfernten „FAUX“-Kennzeichnung nicht allzu schwierig. Im Zweifelsfall gibt eine aktuelle BPP-Prüfung Sicherheit.

Den Marx-Block von 1953 aus der DDR gibt es, so wie die meisten besseren deutschen Marken, ebenfalls als Winterfälschung. Das Papier hat nicht die Qualität des Papiers echter Postwertzeichen. Diese Fälschung aus den 1980er Jahren ist heute bereits deutlich vergilbt. Das Papier ist dünner als bei den Originalen. Die „FAUX“-Kennzeichnung ist winzig klein. Im Detail unterscheidet sich auch das Raster, und auch auf einem kleineren Bild sind Striche oder kleine Druckausfälle zu erkennen, die es bei Orig inalen nicht gibt.

Besonders häufig sind auch die Fälschungen aller Zeppelinmarken des Deutschen Reiches. Diese Fälschungen gibt es nicht nur von Peter Winter, sondern auch von einer Reihe anderer Fälscher – neuere Fälschungen davon auch in einer Kammzähnung, die sich von den Originalen fast nicht unterscheidet. Die Fälschungen sind jedoch ausnahmslos im Offsetdruck hergestellt, die Originale im Rastertiefdruck. Scheinbar echt aussehende Stücke unterscheiden sich von Originalen durch Farbnuancen und unterschiedliche Schattierungen des Druckbilds. Im Detail zeigt der Rastertiefdruck unterschiedlich gesättigte Rasterpunkte, also mehr oder weniger Helligkeit bei den einzelnen Punkten, der Offsetdruck zeigt gleich helle, aber unterschiedlich große Rasterpunkte. An Geraden zeigt der Offsetdruck Punkte, der Rastertiefdruck eine Zackenlinie.

Im folgenden Bild sind in den beiden ersten Reihen Ganzfälschungen und in der unteren Reihe Originale zu sehen. Diese Fälschungen haben eine sorgfältiger ausgeführte Linienzähnung. Das Papier fasert aber an den Zahnspitzen stark auf. Das Raster ist sehr grob, die Farben sind matt, und die Zeichnung zeigt weniger Details. Der echte Rastertiefdruck färbt auch das gesamte Papier mit winzigen Farbresten ein. Beim Offsetdruck sind die unbedruckten Stellen reinweiß. Die Originale zeigen leuchtendere Farben.

Die hier gezeigte Brieffälschung trägt einer Reihe von Falschstempeln und akkurater gefälschte Marken. Diese haben kräftigere Farben, zeigen aber auch die Linienzähnung. Zeppelinbriefe mit gestempelter Anschrift sind grundsätzlich mit Vorsicht zu betrachten, denn sie sind fast ausnahmslos Fälschungen.