Von den Briefmarken Bergedorfs gibt es sehr viel mehr Fälschungen und private Reproduktionen als Originalmarken – weshalb die meisten ungeprüft angebotenen Postwertzeichen auch tatsächlich nicht echt sind. Und auch von all jenen Marken, die eine Altsignatur tragen, sind sicher noch einmal über die Hälfte gefälscht.

Mit Hilfe der hier folgenden Anleitung kann man meist die Spreu vom Weizen trennen.

Alle fünf Marken Bergedorfs sind quadratisch; die Größe der Marken wächst mit der Wertstufe. Bei allen Werten können, sogar im selben Bogen und abhängig vom Bogenfeld, Größenabweichungen vorkommen. So können Höhe und Breite bis zu einem Millimeter variieren. Die absolute Größe ist also kein untrügliches Echtheitsmerkmal. Der Hinweis im MICHEL-Katalog, die 1/2-Schilling-Marke MiNr. 1 b auf blauem Papier wäre klar kleiner als die MiNr. 1 a auf preußischblauem Papier, kann also zutreffen, muss es aber nicht. Sucht man nach einer großen 1b und einer kleinen 1a, kann das Größenverhältnis sogar umgekehrt ausfallen.

Die Kennzeichen der echten Bergedorfmarken 1/2 Schilling auf blau (MiNr. 1 a und 1 b; Abbildung oben):
Im Kettenring unter dem zweiten E in „BERGEDORF“ befindet sich ein waagerechter Strich. Das A in „POSTMARKE“ hat einen deutlichen Querstrich. Der Adlerkopf ist weder schwarz noch viel heller als der Rest des Adlers.

1 Schilling auf weiß (MiNr. 2, Abbildung links):
In den Kettengliedern finden sich Striche unter dem zweiten E in „BERGEDORF“, rechts des I in „EIN“ und links des ersten L in „SCHILLING“.

1 1/2 Schilling auf gelb (MiNr. 3, Abbildung rechts):
Im Kettenglied links des ersten L in „SCHILLING“ befindet sich ein Strich, unter der Kugel unterhalb des schwarzen L ein Punkt. Jedes Feld des Bogens zeigt eine leicht andere Zeichnung.

3 Schillinge blau auf rosa (MiNr. 4, Abbildung links):
Im Kettenglied links des zweiten L in „SCHILLINGE“ befindet sich ein Strich; die rechte Senkrechte des M in „POSTMARKE“ ist durch feine Striche abgetrennt.

4 Schillinge auf mattbraunorange (MiNr. 5, Abbildung rechts):
Im Kettenring unter dem IE in „VIER“ befindet sich ein winziger Strich, der an die Inschriftenleiste stößt. In der Mitte des Kreises links fehlt in den Hintergrundlinien der Strich nach rechts oben, der sich auf fast jedem privaten Neudruck findet. Neudrucke ohne den Strich zeigen den Adlerkopf mit „Pickelhaube“, also einem Strich nach oben.

 

Die Kennzeichen der privaten Neudrucke

Im Sommer 1868 kaufte der Brüsseler Briefmarkenhändler Moens den Originaldruckstein der Marken von Bergedorf und stellte Reproduktionen her. Innerhalb dieses Berichts wird für diese Produkte der Begriff „privater Neudruck“ verwendet, da sie vom Originaldruckstein abstammen – auch wenn sie in Zeichnung, Farbe und Papier teils erheblich von den Originalen abweichen.

Die MiNr. 1 wurde in den Jahren 1872 und 1887 von Umdrucken des echten Ursteins neu gedruckt. Beide Reproduktionen sind leicht am A in „POSTMARKE“ zu erkennen: Der Querstrich fehlt. Im N von „EIN“ befindet sich oben rechts immer ein schwarzer Punkt.

Der private Neudruck von 1872 kann auf schlechten Scans mit dem Original verwechselt werden. In Vergrößerungen sieht man den fehlenden Querstrich sehr gut. Auch ist bei der Auflage von 1872 der Adlerkopf fast gänzlich schwarz. Die häufigere Auflage von 1887 zeigt dagegen einen deutlich helleren Adlerkopf.

Die MiNr. 2 wurde in den Jahren 1872, 1887 und 1888 von Umdrucken des echten Ursteins neu gedruckt.

Kennzeichen des privaten Neudrucks von 1872 sind die vier Einsen in den Ecken, die stark nach links verlängerte nach oben gebogene Fußstriche aufweisen.

Außerdem haben alle privaten Neudrucke der MiNr. 2 rechts am Turm einen nach unten gebogenen Strich.

Kennzeichen des Neudrucks von 1887 sind die Wertziffern, die als senkrechte Rechtecke dargestellt sind.

Der private Neudruck von 1888 zeigt ein dem Original sehr ähnliches Druckbild, aber es sind nur Reste von Wellenlinien im Kettenkreis vorhanden. Außerdem ist wie bei allen privaten Neudrucken der MiNr. 2 der Strich rechts am rechten Turm vorhanden.

 

 

 

 

Die MiNr. 3 wurde in den Jahren 1872 und 1887 neu gedruckt. Bei ihr kann man sehr einfach an der Währungsangabe feststellen, ob es sich um einen privaten Neudruck handelt oder um ein Original. Bei den Originalen heißt die Währung „SCHILLING“ ohne E am Ende, bei den Neudrucken „SCHILLINGE“ mit E. Das kann man auch an schlechten Scans leicht erkennen. Der Neudruck von 1887 zeigt zudem einen Punkt über dem Adlerschnabel, also einen Adler mit „Horn“.

Von MiNr. 3 gibt es neben den privaten Neudrucken auch Ganzfälschungen mit der richtigen Währungsangabe „SCHILLING“ ohne E. Diese zeigen anstelle der Wellen im Mittelkreis Bögen; außerdem sind die Kettenglieder unförmig, während alle 55 Kettenglieder der Originale gleich groß und tadellos rund sind.

 

 

Die MiNr. 4 wurde in den Jahren 1872, 1887 und 1888 neu gedruckt. Beim Original ist die rechte Senkrechte des M durch Striche abgetrennt, bei den Neudrucken nie. Auch fehlt das Wellenmuster des Hintergrundes unter Kopf und Hals des Adlers.

Der private Neudruck von 1872 sieht dem Original recht ähnlich. Dieser Druck hat auch eine sehr echt aussehende Gummierung. Die blaue Farbe wirkt fleckig, fast wie aus einem Kugelschreiber ausgelaufene, blaue Tinte. Diese Reproduktion ist jedoch auf bläulichem nicht auf rosa Papier gedruckt.

An der Markenrückseite kann man das gut erkennen, während die Papierfarbe von der Vorderseite aus gesehen durch das Blau der Druckfarbe täuscht. Hinzu kommt, dass die Papierfarbe oft mehr oder weniger ausgewaschen ist. Ein weiteres, sehr eindeutiges Merkmal ist die lange Linie im Wort „SCHILLINGE“. Diesen Strich gibt es nur beim Neudruck des Jahres 1872. 

Der private Neudruck von 1887 ist dagegen auf lebhaft rotviolettem, ungummiertem Papier gedruckt. Da diese Neudrucke aber oft gewaschen wurden, ging der wirklich grelle Farbton unberührter Stücke häufig verloren.

Wichtigstes Kennzeichen des Neudrucks von 1887 ist neben der grellen Papierfarbe also die hellgraublau wirkende Druckfarbe.

 

 

Der private Neudruck von 1888 weist dann wieder eine Gummierung und schwarzblaugraue Druckfarbe auf.

Die Information mancher Ratgeber, man könne diesen Neudruck an den nur schwach vorhandenen Wellenlinien erkennen, ist wenig hilfreich, weil alle Neudrucke der MiNr. 4 dieses Kennzeichen zeigen. Die Papierfarbe kann verblassen, die Druckfarbe ist also ein zuverlässigeres Merkmal zur Unterscheidung zwischen 1887 und 1888. Es gibt indes einen weiteren Unterschied, an dem man die Neudruckauflage sogar am Schwarzweiß-Bild identifizieren kann: Die Auflage von 1888 hat einen Strich im C von „SCHILLINGE“ von unten nach oben ins C hineinragend.

Die MiNr. 5 wurde in den Jahren 1872, 1874 und 1887 neu gedruckt, wobei sich die drei Auflagen sehr leicht unterscheiden lassen. Beim Neudruck von 1872 ist links in der Mitte des Kreises ein Strich nach oben; das R und G in „BERGEDORF“ sind durch Punkte verbunden und am Fuß meist völlig zusammengewachsen. Beim Neudruck von 1874 entfällt der Strich. Dafür ist am Adlerkopf ein dicker Strich senkrecht erkennbar. Man sagt scherzhaft „Adler mit Pickelhaube“. Der Neudruck von 1887 sieht aus wie der von 1872, aber mit sauber getrennten Buchstaben RG.

Ganzfälschungen

Bei den meisten Ganzfälschungen sind die einzelnen Kettenglieder unterschiedlich groß oder in unterschiedlichem Abstand. Bei den Originalen und den privaten Reproduktionen von Moens sind die Kettenglieder gleichmäßige Kreise in gleichmäßigem Abstand, wie oben auf den Bildern zu sehen.

Autor: Jürgen Kraft