(tb) Die britische Royal Mail ist einmal mehr in die Krise geraten. Nach Angaben ihres Vorstandes droht täglich eine Million Pfund Verlust, umgerechnet knapp 1,2 Millionen Euro.

Noch im Geschäftsjahr 2021/22, das am 31. März endete, hatte sie einen Gewinn von 416 Millionen Pfund erwirtschaftet. Den Umschwung begründet der Vorstand mit dem Ende der Sonderkonjunktur im Zuge der Corona-Pandemie.

Die Zahl der von Internet-Versandhändlern verschickten Pakete sei eingebrochen, jetzt machten sich wieder die Probleme des rückläufigen Briefmarktes trotz offenbar noch immer guter Gewinne im Paketmarkt bemerkbar. Seit der Marktfreigabe war es der einstigen Staatspost nie gelungen, ein eigenes Wachstumsmodell zu entwickeln. Bestenfalls stagnierte sie. Auf dem Paketmarkt konkurriert sie mit denselben Wettbewerbern, die auch in Deutschland tätig sind, also Amazon, Hermes, Dynamic Parcel Distribution (DPD) und dem United Pacel Service (UPS) – die Deutsche Post ist auf der Insel mit ihrem internationalen Paketbereich DHL vertreten, die britische in Deutschland mit General Logistics (GLS).

Allerdings bewältigt die Royal Mail auf dem Heimatmarkt mit einem Anteil von 34 Prozent nur gut in Drittel des Aufkommens. Die Wettbewerber kommen zusammen auf 50 Prozent, kleinere Dienste erreichen in Großbritannien eine deutlich bessere Position am Gesamtmarkt als in Deutschland. Schon seit geraumer Zeit laufen Debatten um eine Trennung des lukrativen Paktgeschäftes vom defizitären Briefdienst, doch dürfte die Politik eine Spaltung des Unternehmens schon deswegen verhindern, weil der Staat dann die Briefbeförderung wieder selbst übernehmen müsste.

Doch beschäftigt nicht nur die wirtschaftliche Lage den Konzern. Auch im Kreis der Eigentümer gibt es Auseinandersetzungen, denn der größte Aktionär, der tschechische Milliardär Daniel Křetínský, möchte seinen Anteil von 22 auf 25 Prozent erhöhen. Die Regierung prüft, ob dies nationale Sicherheitsfragen berühren könne. Den Torys gilt die Brief- und Paketzustellung als kritische Infrastruktur. Dem Vernehmen nach zeigen sich aber auch andere Anteilseigner von Křetínskýs Vorstoß nicht unbedingt begeistert.