(tb) Post und Bahn – da war doch mal was? Ja, rund 25 Jahre ist es jetzt her, dass die Verantwortlichen der Deutschen Post im Zuge der Einrichtung der Brief- und Paketzentren nur der Autobahnanschluss interessierte. Zwar verläuft mitunter der Schienenweg in Sichtweite, beispielsweise nahe des Briefzentrums 12 Berlin-Südost, doch verzichtete der Konzern darauf, einen Gleisanschluss einzurichten. Fortan rollten die Transporte weitgehend auf der Straße. Die Schiene darf heute nur rund zwei Prozent des Transportvolumens bewältigen – am Wochenende mit fünf zwischen Hamburg, Stuttgart und München sowie Berlin und Frankfurt am Main verkehrenden Paketzügen.

Ein Vierteljahrhundert später steuert die Post um.

Trotz aller Bemühungen, den Straßenverkehr zu elektrifizieren, stellt die Schiene nämlich weiterhin die klimafreundlichere Alternative dar. Um bei wachsenden Transportvolumina das Ziel, den Kohlendioxidausstoß zu senken, zu erreichen, plant der Post-Vorstand, mittelfristig den Anteil der Schiene am Transportvolumen zu verdreifachen und langfristig jedes fünfte Paket mit der Bahn zu transportieren.

Als ersten Schritt denkt er dabei an eine Zugverbindung zwischen dem Ruhrgebiet und Berlin. Welches Potential besteht, zeigt allein der Vergleich zweier Zahlen. Ein Zug kann rund 100.000 Pakete laden. Dafür braucht die Post derzeit 35 Lastwagen. Mit moderneren Wagen könnte die Auslastung eines Güterzuges noch steigen, da die maximale Leistungsfähigkeit der Lokomotiven noch lange nicht ausgereizt ist.

Für die Vergabe der Transportleistungen an die Bahn fordert die Deutsche Post ohnehin neues Wagenmaterial, denn die Züge sollen schneller als die im Güterverkehr üblichen 100 oder 120 Kilometer pro Stunde verkehren. Geeignete Lokomotiven stehen bereits bereit – da die modernen Hochleistungs-Elektrolokomotiven modular aufgebaut sind, stellt die Höchstgeschwindigkeit nur eine Frage der Steuerung, der Sicherungstechnik und vor allem der bahnrechtlichen Zulassung dar. Zudem wünscht die Deutsche Post von der Bahn mehr Flexibilität in der Fahrplangestaltung, auf Bahndeutsch als Trassierung bezeichnet. Diesbezüglich gilt es aber die vielfach dichte Belegung der Strecken zu berücksichtigen, zumal das Überholen auf der Schiene bekanntlich unmöglich ist. Dass die Bahn flexibler ist als manch einer denkt, zeigt allein die Zahl von rund 2000 bis 2500 Güterzügen am Tag, die auf kurz zuvor festgelegten Trassen verkehren – klassische Fahrpläne wie im Reisezugverkehr spielen im Güterverkehr mit einem Anteil des Gelegenheits- und Sonderverkehrs von rund 50 Prozent eine weniger große Rolle.

Während die Flexibilität der Bahn zumeist unterschätzt wird, wird sie beim Lastwagen überschätzt. Der Vorteil des nicht spurgebundenen Verkehrs schlägt nämlich schnell ins Gegenteil um, wenn der Lastwagen länger als geplant unterwegs ist. Zu Zeiten der Arbeit im heimischen Büro musste mancher Paketempfänger erstaunt feststellen, dass der Verbundzusteller am Nachmittag noch einmal kommt. Die Briefpost lag vormittags im Hausbriefkasten, nach der Tischzeit klingelte der Zusteller dann für ein Paket – „der Laster ist erst später gekommen“.

Neben der Rückkehr zur Bahn plant der Post-Vorstand weitere Maßnahmen, um den Kohlendioxidausstoß zu senken. Neue Brief- und Paketzentren, aber auch Zustellstützpunkte sollen mit Photovoltaik und Wärmepumpen ausgestattet werden. Für Altbauten prüft die Post die Möglichkeiten zur Umrüstung. Zwei Baumuster entstehen derzeit in Ludwigsfelde bei Berlin und Germering bei München. Das neue Paketzentrum Ludwigsfelde und das neue Briefzentrum Germering verfügen beide über Photovoltaik, das Briefzentrum zudem über eine Wärmepumpe. In Ludwigsfelde wird ein Blockheizkraftwerk Strom und Wärme parallel, aber noch nicht kohlendioxidfrei erzeugen. Bis 2025 sollen deutschlandweit 280 Zustellstützpunkte kohlendioxidneutral arbeiten.

Mit Batteriepuffern möchte die Deutsche Post zudem weitere Einsparungen erzielen. Dabei denkt sie auch an eine Nachnutzung von Akkumulatoren, die sich für den Einsatz in Zustellfahrzeugen technisch nicht mehr eignen. Bis 2025 möchte sie die Zahl elektrischer Zustellfahrzeuge von heute gut 15.000 auf 37.000 erhöhen, zudem weitere 5000 Lastenfahrräder mit elektrischem Zusatzantrieb beschaffen – bislang setzt sie 9000 ein. Die Fertigung des Streetscooters wird entgegen bisheriger Planung nicht Ende 2021 eingestellt, sondern läuft bis mindestens Ende 2022 weiter. Bis dahin sollen 21.500 elektrisch angetrieben Zustellfahrzeuge die Werkhallen verlassen haben, darunter ein neues Modell, der Streetscooter Gigabox mit Platz für rund 240 Pakete in einem Laderaum mit zwölf Kubikmetern Volumen. Doch schaut sich der Konzern auch bei der Konkurrenz um. Parallel zur Vorstellung des überarbeiteten Klimaschutzprogrammes teilte die Deutsche Post mit, die ersten hundert elektrischen Transporter zu kaufen, die bei Fiat in Serie vom Band laufen sollen.